KSJ zurück aus Ruanda!
Bericht über die Jugendbegegnung vom 2.10. bis 14.10.2012 in Matimba, Ruanda
Jenseits aller offiziellen politischen Delegationen nach Ruanda fand eine wirkliche Begegnung zwischen der katholischen Jugendgruppe von Matimba, Ruanda, und 14 Jugendlichen von Haus Wasserburg und aus der KSJ Trier in Ruanda statt. Die erste Woche verbrachten sie in der Partnergemeinde Matimba, die im Norden des Landes in Grenznähe zu Uganda liegt, mit gemeinsamen Aktionen, Gesprächsrunden, Tänzen und Ausflügen in die Umgebung. Die ruandische Gruppe lud zum Umuganda ein; das ist ein freiwilliger Arbeitseinsatz, der sozialen Projekten dient. So erfuhren die deutschen Jugendlichen, wie mühsam es ist, aus Lehmziegeln ein Haus zu bauen. Sie packten kräftig mit an beim Wasserholen von der weit entfernten Wasserstelle, beim Lehm stampfen, Ziegel formen und in der Trockenlege. Von der Arbeit ausgehungert, lernten sie die Vorzüge der ruandischen Küche kennen und wie es gelingt, auf offenem Feuer für 200 Jugendliche und Kinder wohlschmeckenden Maniok, Bohnen, Reis und Bananen zuzubereiten. Alles wurde geteilt: Die Arbeit, Essteller und Besteck, die Freude am Gelingen. Ein großes Volleyballturnier rundete diese Aktion mit viel Spaß und hunderten von begeisterten Zuschauern ab. Dass die Jugendgruppe in Matimba besonders herzlich willkommen war, zeigte sich im zentralen Sonntagsgottesdienst: Trommeln und Gesang prägten die gemeinsame Feier, Tänze und Begrüßungsreden brachten die Freude über den Besuch zum Ausdruck. Welch ermutigende und tröstende Bedeutung der Glaube für die meisten Menschen hat, ließ die deutschen Jugendlichen nicht unberührt. Sie wurden mit selbstgenähten Kleidungsstücken geehrt und in der Gemeinde von Familien empfangen. „Diese Offenheit und Gastfreundschaft ist eine wunderschöne Erfahrung,“ so eine Teilnehmerin. Dass die Rollenzuschreibungen von Mann und Frau in Ruanda eine heiß diskutierte Sache ist, wurde in vielen Gesprächsrunden deutlich, zu denen die Gäste ausdrücklich eingeladen waren. Am alltäglichen Leben, an der Schule, an der Arbeit, an den Veränderungem im Land, an den Sorgen um die Zukunft nah und direkt teilzuhaben, war das Hauptziel der Begegnung. Dazu gehörten auch Höhepunkte wie der gemeinsame Besuch des Nationalparks Akagera, für gewöhnliche Ruander unerschwinglich. Die Savanne zeigte sich von ihrer schönsten Seite: Giraffen, Elefanten, Zebra- und Büffelherden fast zum Greifen nah. Gemeinsam war man zum Abendessen mit Bischof Servilien nach Byumba eingeladen; auf dem abenteuerlichen Weg dorthin genossen alle die sich verändernde Landschaft von Teepflanzungen in den Tälern bis zu Bananenstauden und Eukalyptusbäumen in großer Höhe. Beeindruckt war die Gruppe vom liebevollen pädagogischen Ansatz der La-Salle-Schule in Kirenge, in der Ursula Ohly aus Vallendar mitarbeitet. Gedenkstätten wie die Kirchen von Nyamata und Ntarama und den nationalen Erinnerungsort in Gisozi gemeinsam zu besuchen, war ein besonders bewegender Teil der Reise. Es konnte zur Sprache kommen, was sich nur schwer sagen lässt: Wie traurig man ist über die Ideologisierung, die zu Gewaltausbrüchen führte, wie tief das Fehlen von getöteten Eltern und Angehörigen empfunden wird, wie schwer dadurch der Mangel an Halt und Orientierung im Leben Jugendlicher wiegt, wie groß die Sehnsucht nach Heilung aller Verletzungen ist. Gemeinsam wurde an den Orten schlimmster Gewalterfahrungen gebetet, im Bewusstsein der Verstrickung auch der katholischen Kirche in die ideologische Vorbereitung des Genozids von 1994. Im Gespräch mit der Traumatherapeutin Consolée Mukantabana aus Kigali war zu erfahren, wie schwer es ist, Opfer und Täter jeweils ins Leben zurück zu führen. Ein mühevoller Prozess, die eigene Wahrheit anzunehmen und Wiedergutmachung zu üben für die einen, ein Kampf gegen schmerzliche Erinnerungen und Depressionen für die Überlebenden. „Jeder Ruander, jede Ruanderin hat ein Problem“, mit diesem Satz ist die tiefe, noch nachwirkende Zerstörung der ruandischen Gesellschaft treffend beschrieben. An die deutsche Kolonialgeschichte – Ruanda gehörte zu Deutsch-Ostafrika – wurde beim Besuch der Königshütte in Nyanza erinnert, immer wieder begleitet von Gesprächen über die Fortsetzung wirtschaftlicher Ausbeutung Afrikas durch die Rohstoffpolitik bis heute. Im Gruppengottesdienst und bei der Abschiedsfeier war leicht festzustellen, wie persönliche Freundschaften zwischen den Jugendlichen das Band der Partnerschaft von Inshuti gefestigt haben und damit dem Namen des Vereins Recht geben: Inshuti heißt Freunde sein. An diesem Band wird weiter geknüpft, zunächst durch den Freiwilligen Yannick Zengler aus Weitersburg, der bis August 2013 in Matimba in der Jugendarbeit tätig ist und durch Allen Mutesi, die ab Januar für ein Jahr im Kindergarten Weitersburg arbeiten und in Vallendar-Niederwerth wohnen wird. Die Reise war finanziell gefördert aus den Mitteln des Kinder- und Jugendplanes des Bundes und des Land Rheinland-Pfalz und griff in ihrer konkreten Durchführung bereits dem Plan des Landes vor, demnächst ein offizielles Jugendwerk für die Begegung von ruandischen und deutschen Jugendlichen zu gründen.