„Die Verbände in der Kirche – Wie viel Autonomie ist nötig und möglich?“
Bericht zum Studientag mit Prof. Dr. Hallermann
Dass die Verbände in der Kirche sich immer wieder neu ausrichten müssen auf die Herausforderungen unserer Gesellschaft, ist klar. Dass sie aber innerhalb der Kirche immer stärker unter Rechtfertigungsdruck geraten, ist eine Entwicklung der letzten Jahre. Dieser Druck entstammt vor allem einer rechtlich ungeklärten Praxis im Verhältnis zwischen den Bistumsleitungen und den Verbänden, die einer rechtlichen Prüfung bedarf. Damit hier eine Klärung herbeigeführt wird, hatte der Katholikenrat die Verbandsspitzen im Bistum Trier zu einem Studientag mit dem Kirchenrechtler Hallermann aus Würzburg eingeladen. In wohltuender Klarheit stellte er fest, dass die „freien Vereinigungen von Christgläubigen“ Anteil haben am gesamten Sendungsauftrag der Kirche.
Um ihren speziellen Auftrag im kirchlichen Gesamtauftrag wahrnehmen zu können – beispielsweise das Kümmern des SKF um die sozialen Belange benachteiligter Frauen, der Einsatz in der sozialen Frage durch die KAB oder die selbstbestimmte Mitarbeit von Schülerinnen und Schülern in der KSJ – brauchen sie eine Autonomie, die ihnen das Kirchenrecht gewährt auf der Grundlage der Texte des 2. Vatikanischen Konzils zum sog. „Laienapostolat“. Neu war für die meisten der über 30 Teilnehmenden, dass dieses Recht absolut gilt, wenn die jeweilige „Vereinigung“ sich als freie Initiative innerhalb der Kirche gegründet hat und kirchlichen Zwecken dient. Diese Autonomie meint Leitung durch die Mitglieder, die freie Wahl der geistlichen Begleitung und auch die freie Verfügung über das Vereinsvermögen. „Vereinigungen (also Verbände) sind Zeichen für die Lebendigkeit der Kirche“, stellte Hallermann klar. Welche Vereinsform der jeweilige Verband sich gewählt hat, entscheidet über die Beziehung zur bischöflichen Autorität. Der Bischof hat bei den freien Vereinigungen zwar die sog. Aufsicht, aber die meint weder Mitwirkung noch Kontrolle, sondern lediglich den Blick auf die „Bewahrung von Glaube und Sitte“, wie es im Text des can. 312 CIC, dem geltenden Kirchenrecht heißt. Auf die verbindliche Rechtsordnung des Codex von 1983 sind beide Seiten verpflichtet, sie meint auch Fürsorge und Förderung von Seiten der Bistumsleitung. Überlässt ein Verband der bischöflichen Leitung durch freien Entschluss Mitwirkungsrechte, sind diese jederzeit widerrufbar.
Bei allen Versuchen, vor dem Hintergrund der Haushaltskürzungen auch strukturelle oder satzungsmäßige Veränderungen bei den Verbänden vozunehmen, hat es bisher bedauerlicherweise keine kirchenrechtliche Prüfung der Sachlage gegeben, räumte Dr. Michael Kneib ein und versprach, dieses für die Verbände existentielle Thema auf die Tagesordnung der Bistumsleitung zu nehmen. Der ungeklärte Rechtsstatus der Verbände hat in manchen Diözesen zur Verunsicherung des Stellenwerts der Verbände und zu tendenziellen Vereinnahmungen geführt, die teilweise sogar die staatliche Bezuschussung von Jugendarbeit gefährdeten. Im Vergleich dazu erweist sich der Codex von 1983 als kritische Institution, der eine den Vereinigungen entsprechende Anwendung des Vereinsrechts einfordert. Eine erste Diskussion ist jetzt im Bistum Trier angestoßen, die hoffentlich ermutigt zu neuen Schritten. „Eigenständigkeit meint nicht Gegnerschaft, sondern die Wahrnehmung des je eigenen Auftrags in der Gemeinschaft der Kirche“, so Hallermann. Er regte die anwesenden Verbandsleitungen an, ihre Aufgabe zunächst theologisch und kirchenrechtlich zu bestimmen und dann in das Gespräch mit der Bistumsleitung einzutreten.