Nikolausgedicht 2013
Seit Wochen wird es früher dunkel
Und abends leuchten wie Karfunkel
die Sterne am Himmel, still und weise,
da mache ich mich auf meine Reise
um zu euch zu kommen wie in jedem Jahr
und zu sagen, was gut und was unrecht war.
Ich hoffe, Ihr wisst, wie ich das meine
Und stehe mit meiner Kritik nicht alleine.
Denn was mich bestürzt und tief bekümmert,
ist, dass sich die Not der Flüchtlinge verschlimmert.
Mein neuer Kollege im Vatikan
prangert das auch schon seit Wochen an.
Er nennt es europäische Schande,
denn die Politik ist nicht imstande,
eine menschengerechte Lösung zu finden
und Vorurteile zu überwinden.
Aus der Heimat flüchtet doch niemand gerne.
Die Not treibt die Menschen in die Ferne.
Sie nehmen in Kauf, dass der Tod ihnen droht,
übertreten jedes Einreiseverbot,
sind auf Schlepperbanden angewiesen,
zahlen mit unfassbaren Devisen.
Um der Gewalt und dem Hunger zu entfliehn,
haben sie sich viel Geld geliehn
bei der Familie und in der Nachbarschaft,
in der Hoffnung, dass man es wirklich schafft,
eine neue Chance zu bekommen
dass man als Mensch wird aufgenommen.
Ich erzähl euch ein Beispiel, eines aus Trier,
aber so was passiert überall, ich denke auch hier.
Zwei Jungs aus Syrien kamen dort an,
ich weiß nicht, wie und mit welchem Kahn
sie das Mittelmeer überwanden
und bis hierher nach Deutschland fanden.
20 und 22 Jahre sind sie alt,
ihr Dorf ein Opfer der Gewalt.
Eine Bombe traf das Nachbarhaus,
keine Frage, sie mussten schnell dort raus.
Man wollte sie zum Militärdienst zwingen,
um sie mit Gewalt dazu zu bringen,
auf eigene Leute loszugehen
Ihr Entschluss: Wir widerstehen!
So ließen sie ihre Eltern zurück,
denn sie hatten ja zum Glück
Verwandte in Koblenz, dort wollten sie hin
um der weiteren Unmenschlichkeit zu entfliehn.
In der Asylunterkunft war es sehr beengt,
Zwölf Männer in ein Zimmer reingezwängt,
Zwölf Etagenbetten, ein Tisch, zwei Stühle,
Zigarettenqualm, Lärm und die Schwüle.
Wie halten Traumatisierte das aus?
Es trieb sie jeden Tag hinaus
auf die Straßen in der Innenstadt von Trier
sie liefen sich müde rund ums Quartier,
hatten keinen Platz mal für sich allein
zum Nachdenken, Ausruhen oder für sich zu sein.
Es dauert Wochen, um zu entscheiden,
wo dürfen solche Menschen schlussendlich bleiben?
In Koblenz wartet die Familie auf sie –
und in Trier blüht die Bürokratie!
Zum Glück bekam das jemand mit
Und tat den richtigen ersten Schritt.
Er bot ihnen tagsüber Unterkunft an,
man aß zusammen, war sich zugetan,
Menschlichkeit für die verletzten Seelen,
die ja schlimme Erfahrungen quälen.
Die Solidarität half auch beim Richterspruch,
in Koblenz sind sie jetzt, nicht nur zu Besuch,
sondern fest bei der Familie, in Sicherheit,
könnt Ihr ermessen, wie sehr mich das freut?
Wie man die Flüchtlinge unterbringt
das muss enden, unbedingt.
In Massenquartieren, weit weg vom Schuss,
denn so ist der politische Beschluss:
bloß nicht nett und freundlich sein,
dann wollen noch mehr zu uns hinein!
Abschrecken und ablehnen und abschieben dann
so lautet der dahinter steckende Plan.
Um die Kontakte zu erschweren,
will man auch kein Deutsch sie lehren,
Sparsames Essen, nur die nötigste Medizin,
mehr ist nicht drin.
Arbeitserlaubnis – Fehlanzeige!
Das Geld recht knapp, und geht es zur Neige,
wird nutzlos und überflüssig das Grundgefühl
beim Warten auf die Duldung im Asyl.
Wenn ich heute bei Euch Bischof wäre
In Deutschland, in der Reichtumssphäre,
hätte den Einfluss und auch das Geld
dann hätte ich längst Räume zur Verfügung gestellt.
Um kleine Gruppen unterzubringen,
nur so kann Nachbarschaft gelingen.
Ich hätte Initiativen gegründet
Damit man sich mit den Menschen verbündet.
Hilfe und Beratung und einen Arbeitsplatz
Und keinen menschenverachtenden Betreuungssatz,
sondern Gastfreundschaft, Begegnung und Nähe,
wie schön wäre das, wenn ich das sähe!
Dann wären die Fremden nicht mehr fremd
sondern ein wichtiges Element
in der Schule und im Nachbarhaus,
so sieht Gottes Globalisierung aus!
Ihr wisst ja, Euer alter Nikolaus
Ist bibelfest und kennt sich aus.
Im alten Text steht da geschrieben:
Du sollst den Armen, Fremden lieben.
Ihm Gastrecht, Freundlichkeit gewähren,
statt ihm das Leben zu erschweren.
Ich weiß, ihr habt alle so viel zu tun,
Stress ist gefährlich, er macht immun
und blind und mit der Zeit
verliert man das Gespür für Menschlichkeit.
Daran erinnert der Nikolaus,
deshalb geht er von Haus zu Haus.
Das ist mühsam, denn der Weg ist weit,
weshalb es mich besonders freut,
dass in Rom ein neuer Kollege ist,
ein kritischer Kopf und Realist,
offen für die moderne Welt
und solidarisch eingestellt.
Seine Reden, seine Schreiben
Solltet Ihr euch einverleiben!
Sie sind fromm im besten Sinn
und führen zum Nächsten, zum Armen hin.
So kann ich beruhigt Abschied nehmen,
denn meine Worte, meine Themen
sind bei ihm gut aufgehoben,
das sah ich vom Himmel droben.
Lasst Euch berühren vom Evangelium,
wer es liebt, der wird nicht krumm,
sondern aufrecht, frei und froh
Gott will die Menschen gerade so.
Und weil Ihr das schon ganz gut macht,
hab ich Euch etwas mitgebracht.
…
Der Nikolaus muss jetzt weiterziehn,
es warten noch viele Menschen auf ihn.
Gott sei mit Euch auf all Euren Wegen,
seinen Frieden, seinen Segen,
das wünscht allen hier im Haus
Euer alter Bischof Nikolaus.