Erinnerung an den Ersten Weltkrieg
Verdunfahrt zur Vorbereitung der KSJ-Sommerfahrt 2014
Da die Sommerfahrt der KSJ für die Leute ab 16 zumindest in der ersten Woche nach Verdun gehen soll, fuhr das Vorbereitungsteam gemeinsam mit einigen anderen Interessierten am Samstag, den 22.3. zu einer Vorfahrt dorthin. Das Wetter entsprach dem Ernst, der die Schlachtfelder von Verdun bis heute prägt; es regnete und ein kalter Wind fuhr über die damals umkämpften Höhenzüge. Kaum zu fassen: Noch nach 100 Jahren sind die Granatentrichter und Schützengräben genau zu erkennen; damals stand hier kein Baum mehr, alles weggesprengt und kahlgebrannt in der heißesten Schlacht des 1. Weltkrieges. Heute ist das große Gelände von Bäumen und Gestrüpp, vor allem aber von dicken Moosschichten überzogen, denn man hat es der Natur überlassen. Immer noch finden sich Knochen von Gefallenen – es waren in 10 Monaten allein hier 700.000 junge Männer – die werden dann im Beinhaus auf der Höhe neben der Festung Douaumont beigesetzt. Das heißt, sie werden auf zu dem unvorstellbar großen Hügel von gesammelten Menschenknochen dazugelegt, die dort namenlos und unidentifiziert aufbewahrt werden. Wir haben einige Felder mit weißen Kreuzen abgeschritten, ehe wir an der kleinen Kirche von Fleury ankommen, die als einziges Gebäude dieses Dorfes stehen geblieben ist. Neun Dörfer wurden damals plattgemacht, keines ist wieder aufgebaut worden. Das ganze Gelände ist eine einzige Anklage, ein einziger Vorwurf an die Politik von damals. Und auch eine Mahnung an die Politik von heute: So muss unser Friedensgebet an diesem Ort im Kontext der sich aktuell verschärfenden Krise in Osteuropa mit diesem Satz von Christa Wolf beginnen: „Wann der Krieg beginnt, wissen wir. Aber – wann beginnt der Vorkrieg?“ Und einen weiteren Satz schrieb sie in ihrem Buch „Kassandra“ als dringende Warnung: „Lasst Euch nicht von den Eigenen täuschen!“
Sowohl in der Gedenkstätte des Beinhauses als auch in der Festung Douaumont waren wir irritiert darüber, wie militant die Dinge waren, die es dort im „Souvenirshop“ zu kaufen gab: Kleine Panzer und Soldatenhelme als Schlüsselanhänger, T-shirts mit Kampfszenen und sogar Kinderbücher mit Darstellungen vom „herrlichen Soldatenleben“. Wir hielten uns den ganzen Tag auf dem Gelände auf, an einzelnen Punkten hörten wir Informationen von Estelle, die sich gut vorbereitet hatte oder Auszüge aus Kriegstagebüchern, die von den schrecklichen Angstzuständen und ausweglosen Lagen der Soldaten berichten, die damals ins Feuer, ins Gas, in einen elenden und völlig sinnlosen Tod geschickt wurden. Wir hatten viele Ideen für die Woche im Sommer: Fotos von heute mit Fotos von damals vergleichen, Kriegsbilder verfremden, Bilder und Texte kombinieren, Collagen herstellen…die Idee dahinter: Bei Interesse der Leute eine Ausstellung fertigen, die an den 1. Weltkrieg erinnert, der in diesem Sommer vor genau 100 Jahren begann.