Verdun im Sommer 2014
Bericht zur Projektfahrt der KSJ Trier anlässlich der Erinnerung an dem Beginn des 1. Weltkrieges
Es ist ein Riesenunterschied, ob man nur für einen Tag etwa anlässlich einer Klassenfahrt nach Verdun fährt oder eine Woche lang im ehemaligen Kampfgebiet zeltet. Der Zeltplatz der KSJ lag am heute sehr beschaulichen Flüsschen Meuse, in Luftlinie nur zwei Kilometer vom berühmten Beinhaus und dem großen Soldatenfriedhof von Verdun entfernt. Er wurde zwischendurch zum Rückzugsort, wenn es notwendig war, Abstand zu gewinnen zu den Schützengräben und Granattrichtern, die nach 100 Jahren noch gut erkennbar sind und die Landschaft immer noch prägen. Jeden Tag hat die Gruppe einen besonderen Ort besucht: Die monatelang belagerte Festung Douaumont, in deren tiefen Betonschluchten die Angst der Soldaten vor Giftgasangriffen gut nachvollziehbar war. Wie ausgeliefert sie waren dem Artilleriebeschuss und den plötzlichen Verschüttungen in den Gräben, ließ sich leicht nachempfinden in den Gebieten, in denen es der Natur nicht gelungen ist, die Spuren des Krieges zu überwuchern. Besonders berührt war die Gruppe beim Besuch des vernichteten Dorfes Beaumont; auf dem Gelände wird davor gewarnt, dass sich noch Munition im Boden befindet. Die gesellschaftlichen und politischen Voraussetzungen des Krieges spiegelte eine sehr gute Ausstellung im Episkopalpalast von Verdun wider; eine aktuelle Mahnung, wie leicht falsche Wege in Gesellschaft und Politik beschritten werden können. Kritik übten die Jugendlichen an der getrennten Aufteilung der Soldatenfriedhöfe: Immer noch liegen die Soldaten nach Herkunftsland und Religion getrennt. Dabei waren sie gemeinsame Opfer einer politischen Fehlentwicklung Europas und starben nicht „für das Vaterland“ wie es so oft auf den Kreuzen heißt. Zur Vertiefung des Erfahrenen erarbeiteten die Jugendlichen Foto- und Textcollagen, aus denen eine Ausstellung entstehen soll. Einige hatte Ahnenforschung betrieben und brachten Fotos und Feldpostbriefe ihrer Urgroßväter mit, die entweder an der West- oder Ostfront im Einsatz waren und verwundet wurden oder gar gefallen waren. Sehr still wurde es in der Gruppe, als an Einzelschicksalen klar wurde, wie tief ein Krieg in die Familien eingreift und das Schicksal von Menschen bestimmt. Daraus entstand auch der Text eines Anti-Kriegsliedes, das zur Zeit vertont wird. Abends im Zelt wurde das Bildmaterial gesichtet; Filme wie „Rosa Luxemburg“ machten klar, wie mit Gewalt die Frauenfriedensbewegung und andere Stimmen der Vernunft gegen den Krieg unterdrückt wurden. Die mitgenommenen Bücherkisten fanden reichlich Zuspruch; vor allem der Verbindung zwischen dem 1. Weltkrieg und der darauffolgenden Brutalisierung der deutschen Gesellschaft galt das weitergehende Interesse der Jugendlichen. Das passte gut zur zweiten Woche der Projektfahrt: Auch das Elsass trägt die Spuren beider Kriege, Soldatenfriedhöfe sind überall zu finden. Die Gruppe ging beispielsweise den „Weg der Gefangenen“ vom Bahnhof Rothau nach Natzwiller-Struthof, den die KZ-Häftlinge ab 1942 zu diesem Konzentrationslager in den Vogesen gehen mussten. Die neue Ausstellung über die Resistance, die in der Gedenkstätte am ehemaligen Lagergelände untergebracht ist, gab sehr interessante Einblicke in den freien Geist und die Widerstandskraft von Menschen trotz allgengewärtiger Gewaltherrschaft. Ermutigend war dann der weitere Blick zurück in die Geschichte: Im benachbarten Steintal, weit entfernt von den Metropolen des 18. Jhdts. hat Pfarrer Oberlin, der „Pfarrer der Aufklärung“ , im aufkommenden Humanismus sich vor allem den verarmten Kindern und Jugendlichen zugewandt und ihnen eine umfassende Bildung ermöglicht. Ein Besuch im Musée Oberlin machte klar: An diesem christlichen Humanismus kann man trotz des zeitlichen Abstands immer noch anknüpfen; er hilft, dem Frieden auf der Spur zu bleiben und ihn zu hüten als unser wichtigstes Gut.