KSJ Trier

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Katholische Studierende Jugend Diözese Trier

Stellungnahme der KSJ zu PEGIDA

19. Dezember 2014 | Kommentare deaktiviert für Stellungnahme der KSJ zu PEGIDA

Die KSJ Trier verurteilt die PEGIDA- Bewegung und die mit ihr einhergehenden Demonstrationen „gegen die Islamisierung des Abendlandes“.

Unser Ziel ist eine Gesellschaft, die jede_n, willkommen heißt, die_der zu uns kommt. 10 Jahre nach den Anschlägen auf die Asylbewerber_innenheime in Hoyerswerda, Rostock, Hünxe, Mölln und Solingen steht der braune Mob wieder auf den Straßen und hetzt in der Öffentlichkeit. Doch es sind nicht nur die ewig Gestrigen und Unbelehrbaren, die dort auf die Straße gehen. Mit rechtspopulistischen Parolen „Ich bin ja kein Rassist, aber…“ und „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ werden Vorurteile und Ressentiments in und aus der Mitte der Gesellschaft aufgegriffen und geschürt. Utilitaristisches und ökonomistisches Denken formiert sich so zu einem Wohlstandschauvinismus, der sich in leeren Phrasen wie solchen, dass Asylbewerber_innen und Menschen mit Behinderung Geld vom Staat hinterhergeworfen bekämen, äußert.

Sind die Sorgen von PEGIDA denn nicht teilweise berechtigt? Ist an dem Gefühl „etwas läuft hier schief“ nicht etwas dran? Steigende Altersarmut, steigende Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitsverhältnisse, die teilweise nicht mehr zum Überleben reichen – sind das keine berechtigte Sorgen? Ohne Zweifel, aber im selben Atemzug ist dazu zu sagen, dass daran weder der Islam und schon gar nicht Flüchtlinge Schuld haben. In dem Moment, in dem solche unbestimmten Sorgen sich mit Absurdem vermischen – etwa der Furcht, Weihnachten in Zukunft in der Moschee feiern zu müssen – und von einer Mehrheit auf eine externe Minderheit projiziert wird, die nicht nur in diesem Fall real gar nicht existiert, sprechen Sozialpsycholog_innen von einer Massen-Psychose als „pathische Projektion“[1]. D.h., dass für die Furcht vor gesellschaftlichen Veränderungen, statt einer ernsthaften Auseinandersetzung damit, Sündenböcke gesucht werden. Zum einen entsteht durch solch ein Feindbild, die paranoide Vorstellung, die Bekämpfung/Vernichtung des selbsterschaffenen Feindes, würde alle Probleme lösen. Zum anderen entsteht dadurch ein kollektives „Wir“-Gefühl, das in Zeiten einer voranschreitenden Individualisierung und Unsicherheit als vermeintliche „Rettung“ dient; selbstverständlich nur so lange, wie ein Feindbild künstlich am Leben erhalten werden kann.

 

Dem möchten wir zweierlei entgegensetzen:

Zum einen die ernsthafte Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Veränderungen. Egal ob „kleine“ Dinge wie Smartphones oder „große“ Dinge wie Arbeitsverhältnisse. Wer sich darauf einlässt, Dinge radikal (also bis an die Wurzel) zu hinterfragen, kann sich mit vereinfachenden Parolen und vorschnellen Schlüssen wie denen der PEGIDA- Bewegung nicht identifizieren, sondern muss sie kritisieren.

Zum anderen möchten wir Solidarität ohne Grenzen leben. Der Islam ist nicht gleichzusetzen mit Islamismus. Fundamentalismus gibt es in jeder Religion. Gerade jene, die meinen, das „christliche Abendland“ verteidigen zu müssen, täten gut daran, sich mit der Geschichte und Verbreitung des Christentums in Westeuropa und in anderen Teilen der Welt auseinanderzusetzen und zu sehen, wie gewaltsam sich diese zu großen Teilen vollzog.

Eine Gesellschaft, die sich wirklich „christlich“ nennen mag, muss sich PEGIDA in den Weg stellen. Wir solidarisieren uns mit unseren muslimischen Mitschwestern und Mitbrüdern, die gegen Fundamentalismus kämpfen; aber das wohl eher in Syrien oder dem Irak. In Deutschland heißt das Problem Rassismus. Das zeigen nicht nur die Zahlen – Straftaten islamisch geprägter Fundamentalisten sind dermaßen selten, dass ein Vergleich gerade mit rechtsextremistischen Straftaten nur noch lächerlich wirkt – sondern auch die Stimmung in einer Gesellschaft, in der Solidarität und Mitgefühl immer mehr verkommen.

Wir rufen dazu auf, PEGIDA keinen Raum zu geben. Weder auf der Straße, noch in den Köpfen. Wir stellen uns gegen die Angriffe auf die freiheitliche Idee eines selbstbestimmten Lebens; möge es islamisch, christlich oder klingonisch genannt werden. Und vor allem werden wir die Einschüchterung und die Bedrohung der Menschen, die es tatsächlich geschafft zu haben, die tödlichen Grenzen der Festung Europa zu überwinden und aller Schikanen zum Trotz bis nach Deutschland zu gelangen, nicht dulden.

 

[1]     Rolf Pohl (2010): Der antisemitische Wahn. In: Sender, Follert, Özdogan (Hrsg.): Konstellationen des Antisemitismus S.66. Wiesbaden: VS Verlag. Auch wenn Pohl explizit den Antisemitismus untersucht, finden sich in diesem Text interessante Beobachtung, die auch auf rassistische oder in diesem Fall islamophobe Phänomene zutreffen. Der Text ist auch unter folgendem Link zu finden: http://www.agpolpsy.de/wp-content/uploads/2009/05/rolf-pohl-der-antisemitische-wahn.pdf